Spielen Sie Arbeit? – Wie Sie Playful Work an 3 Anzeichen erkennen

Playful Work Design ist die Gestaltung der Arbeit nach den Prinzipien des Spiels, ohne spezielle Hilfsmittel. Darin unterscheidet sich Playful Work Design von »Lego Serious Play« und digitalen Gamification-Tools. In diesem Artikel finden Sie heraus, ob Sie schon Playful Work gestalten.

Was ist Playful Work Design?

Playful Work Design ist sowohl eine Praxis als auch ein Forschungskonzept. In progressiven Unternehmen erfreut sich die spielerische Arbeitsgestaltung zunehmend an Beliebtheit. Viele Organisationen setzen zurecht auf Gamification-Ansätze, um die Motivation und Produktivität ihrer Beschäftigten zu fördern: Die Palette reicht von lustigen Spielkarten und Lego-Figuren bis zu Online-Tools. Allerdings macht ein Tool noch kein Spiel. Man muss die Menschen mitnehmen.

Überblick über das play&Work-System von NOWtation mit den vier Spielfeldern und den Playful Work Hacks.

Überblick über das play&Work-System von NOWtation mit den vier Spielfeldern und den Playful Work Hacks.

Hier kommt die Wissenschaft ins Spiel, und ganz besonders die Psychologie: Sie interessiert sich seit wenigen Jahren für die Bedingungen und die positiven Auswirkungen von Playful Work. 2015 stellten Claire Aislinn Petelczyc und ihre Kollegen von der Australian National University eine Forschungsagenda für »Play at Work« vor [1]. 2020 führten Arnold Bakker und sein Team von der Erasmus Universität Rotterdam »Playful Work Design« als neues Konzept in die Organisationspsychologie ein [2]. NOWtation übersetzt das Konzept in das praktische play&WORK-System.

Playful Work beginnt im Kopf

Genauer gesagt, beginnt es in Ihrem Kopf. Ihre Annahmen und Glaubenssätze bestimmen, ob Sie Ihre Arbeit spielerisch gestalten können und wollen. Ihr persönliches Spielverständnis ist von zentraler Bedeutung:

Was bedeutet es für Sie, zu spielen?

Denken Sie ein paar Sekunden über diese Frage nach. Denn die Antwort darauf hat weitreichende Folgen. Mit Ihrer persönlichen »Spiel-Definition« ziehen Sie die Grenze zwischen Arbeit und Spiel, zwischen Ihren Spielfreunden und den Spielverderbern. Außerdem markieren Sie die Grenze, an der Spiel und Spaß aufhören – oder beginnen. Was liegt außerhalb dieser Grenze?

Das Gegenteil von Spiel ist nicht Arbeit

Das Gegenteil von Spiel ist die Ernsthaftigkeit, sagt der Volksmund. Wir stellen das in Frage. Wir glauben, dass Spiel und Ernst sehr wohl vereinbar sind. Ebenso glauben wir nicht, dass das Gegenteil von Spiel »Arbeit« heißt. Aber was ist es dann? Brian Sutton-Smith, einer der bekanntesten Spielforscher, setzt dem Spiel etwas anderes entgegen als die Ernsthaftigkeit oder die Arbeit. Das Gegenteil von Spiel ist nicht Arbeit, sondern Depression [3]. Das ist doch mal ein Statement!

Woran Sie erkennen, dass sie Arbeit spielen

Diese Spieldefinition gilt auch für Erwachsene und lässt sich auf den Arbeitsalltag anwenden.

Diese Spieldefinition gilt auch für Erwachsene und lässt sich auf den Arbeitsalltag anwenden.

Spielen ist die Interaktion mit etwas oder mit jemandem, bei der Freude und Herausforderungen freigesetzt werden, und auf die man sich einlassen muss. In dieser »Definition« stecken alle wesentlichen Merkmale, die das Spielen ausmachen.

Es gibt unzählige Spieldefinitionen. In der Konzeption von play&WORK war es uns jedoch wichtig, ein Spielverständnis zu formulieren, das folgenden Kriterien genügt:

  • Ohne Altersbeschränkung: Wenn man Erwachsenen die Frage stellt, was Spielen bedeutet, denken sie meistens an spielende Kinder. Wir verknüpfen unsere ersten Spielerfahrungen mit der Kindheit. Aber Erwachsene spielen auch, nur eben anders als Kinder. Eine gute Spieldefinition hat keine Altersbeschränkung!

  • Wissenschaftlich fundiert: Wir müssen das Spiel nicht neu erfinden. Die wissenschaftliche Forschung liefert wertvolle Vorarbeit für ein anschlussfähiges Spielverständnis. Wir haben verschiedene Ansätze gegenüber gestellt und die wesentlichen Elemente identifiziert.

  • Arbeitstauglichkeit: Je abstrakter eine Definition, desto weniger taugt sie für die Praxis. Wer Arbeit und Spiel wirksam integrieren will, braucht eine knappe und zugleich vollständige Orientierung. Deswegen umfasst unser arbeitstaugliches Spielverständnis drei Elemente:

1. Freude und Herausforderung wollen

Ein Spiel, das keine Spaß macht, ist kein Spiel. Jedes Spiel zielt darauf ab, Freude zu bereiten. Menschen spielen, um positive Erlebnisse und Gefühle herbeizuführen – und manchmal auch: um Leid zu lindern. Menschen spielen sogar in Kriegszeiten, in der Sklaverei, oder in der Gefangenschaft.

Eine zweite Zielsetzung des Spielens besteht darin, sich Herausforderungen zu stellen. Dadurch gewinnt es einen sportlichen Charakter. Spiele setzen neue, zusätzliche, reizvolle Aufgaben. Die Herausforderung spornt an. Sie möchten sie schaffen, aber wissen noch nicht, ob es gelingt. Dadurch entsteht eine positive Erregung und eine Fokussierung.

Welches Ziel Sie mit Playful Work verfolgen – Freude, Herausforderung oder beides – wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Dazu zählen zum Beispiel Ihre Persönlichkeit, Ihr aktuelles Energie-Level und das Arbeitsumfeld.

2. Sich darauf einlassen

»Komm, spiel mit!« Spielen erfordert eine Entscheidung und das Committment, mitzuspielen. Spielen Sie, oder spielen Sie nicht? Es gibt kein dazwischen. Sobald Sie spielen, sind Sie »drin«: Sie lassen sich auf ein Geschehen ein, welches die Aufmerksamkeit in den Moment zieht. Ins NOW. Womöglich werden Sie vom »Hier und Jetzt« absorbiert. Dadurch entsteht ein Bewusstseinszustand, der als Immersion oder als flow-Erleben bezeichnet wird.

Die Entscheidung zum Mitspielen wird manchmal nur im Kopf getroffen, manchmal sogar unbewusst. Nicht selten jedoch wird der Übergang zum Spiel durch ein ausdrückliches »Ja!« oder eine bewusste Handlung signalisiert. Sobald eine Athletin aufs Spielfeld läuft, ist ihr klar: »Ich bin im Spiel«. Wenn sie die Außenlinie übertritt, ist sie wieder draußen. In den großen Ballsportarten wird die Spielfeld-Grenze durch eine Linie auf dem Boden markiert. Eine solche Grenze ist für jedes Spiel mental vorhanden.

Wann Sie sich auf Ihr Playful Work einlassen, beginnt in Ihrem Kopf. Je höher Ihre Playfulness ausgeprägt ist, desto leichter wird es Ihnen fallen. Außerdem sollten Sie die Spielbeschreibung mitsamt den Spielregeln einigermaßen verstanden haben. »Einigermaßen« reicht aus. Es geht nicht um Perfektion, sondern um Aktivität! Das eBook »16 Playful Work Hacks« bietet einen einfachen Einstieg in die Welt des Playful Work.

3. In Interaktion gehen und bleiben

Spielen ist eine aktive Tätigkeit. Wenn Sie spielen, setzen Sie sich intensiv mit Dingen und Menschen auseinander. Es gibt kein passives Spielen! Jedes Spiel erfordert Engagement. Es bietet Anreize, sich in Bewegung zu setzen und in Bewegung zu bleiben.

Es reicht nicht aus, ein Spiel zu haben. Man muss es spielen. Deswegen unterscheidet die Spieltheorie zwischen »Game« und »Play«. Ein Game ist das Setting mit vorgegebenen Regeln und notwendigen Utensilien. Denken Sie an Computerspiele, Kartenspiele, Brettspiele. Sie spielen nur dann, wenn Sie das Spiel in Aktion bringen. Ansonsten liegen sie in der Kiste oder im Regal. »To Play« meint genau diese Aktivität, die lebendige Auseinandersetzung mit Menschen und Dingen jedem beliebigen Setting, egal ob Freizeit oder Arbeit.

Fazit: Sie spielen Arbeit, wenn Sie…

  • das Ziel verfolgen, positive Erfahrungen zu machen
    (= Freude und Herausforderung wollen),

  • sich in eine neue, andersartige Situation begeben
    (= Sich darauf einlassen) und

  • sich voll und ganz mit den Dingen und Menschen auseinandersetzen
    (= In Interaktion gehen und bleiben).

Arbeiten Sie noch oder spielen Sie schon?


Quellen

[1] Petelczyc, C. A., Capezio, A., Wang, L., Restubog, S. L. D., & Aquino, K. (2018). Play at Work: An Integrative Review and Agenda for Future Research. Journal of Management, 44(1), 161–190.

[2] Bakker, A. B., Scharp, Y. S., Breevaart, K., & De Vries, J. D. (2020). Playful work design: Introduction of a new concept. The Spanish Journal of Psychology, 23.

[3] Das Originalzitat lautet »The opposite of play, in these terms, is not a present reality or work, it is vacillation, or worse, it is depression«. Nachzulesen im Klassiker von Brian Sutton-Smith: »The ambiguity of play« von 1997.

Simon Sirch