Wenn Ihnen Ihr Job nicht gefällt, helfen 4 Schritte wirklich weiter

Nach welchen Kriterien bestimmen Sie, ob Sie Ihren Beruf mögen? Wenige Menschen nennen Kriterien. Viele blubbern überzogene Wünsche. Ich finde das Wunschkonzert auf dem Arbeitsmarkt sehr laut. Es übertönt flow-Momente und sabotiert sinnstiftendes Arbeiten. Es geht nicht um Wünsche, sondern um die aktive Erfüllung von Bedürfnissen. Wie Sie das machen, erfahren Sie hier.

Hokuspokus hex hex…

… hier haben Sie Ihren Job mit Sinn! Wie auf Sie zugeschnitten und mit lebenslanger Motivationsgarantie – ganz wie es Ihnen gefällt. 

Auf Karriereplattformen wie LinkedIn oder XING wird darüber diskutiert, wie Unternehmen die „Wünsche” der Arbeitnehmer erfüllen können. Wie bieten wir Mitarbeitern einen Job mit Sinn? Die „Lösungen” reichen von Kickertischen und Team-Events über CSR-Projekte bis hin zur Empfehlung, dass Chefs mehr Wertschätzung und Entwicklungsperspektiven geben sollten. Während die Diskussion anhält, finde ich die Frage falsch gestellt. 

Um eine bessere Frage zu formulieren, hilft ein Perspektivenwechsel. Aus Arbeitgebersicht besteht die erste Bestrebung eines Unternehmens nicht darin, seinen Mitarbeitern Wünsche zu erfüllen. Es geht primär darum, das Überleben der Firma zu sichern. Der elementare Zweck einer Firma ist die Erwirtschaftung von Gewinn – auch in Zeiten von „People, Planet and Purpose”.

Aus der Sicht der Mitarbeiter kann das bedeuten, dass Sie mit Situationen und Tätigkeiten konfrontiert sind, die Ihnen zunächst nicht gefallen und unbequeme Emotionen auslösen. Vor allem in Change-Prozessen kommt es häufig vor, dass Wünsche nicht erfüllt werden – und das ist gut so. Denn es geht nicht um Wünsche, sondern um Bedürfnisse.

Wie kann ich Sinn stiften, obwohl mir die aktuelle Tätigkeit nicht gefällt?

Das finde ich eine besser gestellte Frage. Warum? Weil sie jeden adressiert. Jeder, der sich diese Frage ernsthaft stellt, kommt aus der Passivität in die Bewegung und aus der Opferhaltung in die Selbstwirksamkeit. Mit diesem Artikel möchte ich darauf eine Antwort geben.

Dabei gehe ich davon aus, dass erwachsene Menschen in unserer Arbeitswelt immer einen Spielraum haben. Ich behaupte nicht, dass dieser Gestaltungsspielraum maximal ist. Ich behaupte auch nicht, dass es keine Einschränkungen gibt, die hinterfragt und verändert werden sollten. Aber ich behaupte, dass wir den Spielraum, der uns zur Verfügung steht, zu selten sehen und ausfüllen.

Es ist nicht das Wichtigste, dass Ihnen Ihr Beruf gefällt. Das Wichtigste ist, dass Sie damit Ihre Bedürfnisse erfüllen. Dann klappt es auch mit dem flow. Bedürfnisse sind keine Wünsche. Ein Wunsch ist optional. Ein Bedürfnis ist lebensnotwendig. Im multi-optionalen digitalisierten postmodernen Zeitalter wird das oft vermischt. Viele Menschen – ob jung oder alt – sind zunehmend verwirrt und orientieren sich an zu einfachen Unterscheidungen.

„Gefällt mir/Gefällt mir nicht” ist eine geläufige Unterscheidung in der digitalen Welt. In der analogen Welt ist sie schlichtweg falsch. Die digitale Welt besteht aus Nullen und Einsen, analoge Welt aus Körpern und Bedeutungen. Ihr Leben – ob beruflich oder privat – wird im Kern immer analog bleiben.

Kennen Sie einen Job, in dem immer alles toll ist? – Ich nicht. Jeder Job beinhaltet Stress, wie auch der Rest des Lebens, wenn man sich nicht davor drückt. Es gibt Konflikte. Es gibt Tätigkeiten, die keinem gefallen, aber dennoch gemacht werden müssen. Glauben Sie etwa, dass es mir gefällt, die Kennzahlen von flow in concept in Tabellen zu pflegen? – Nein, tut es nicht. Ist diese Tätigkeit wichtig? – Ja. Nun sagen Sie vielleicht: „Na dann geben Sie das doch ab, wenn es Ihnen nicht gefällt.” Und ich werde Ihnen ehrlich antworten: „Das ist eine gute Idee. Ich arbeite daran. Wir sind noch nicht so weit. Wir schaffen die Strukturen dafür.”

Erwünschte Bedingungen entstehen nicht von heute auf morgen.

Der Aufbau tragfähiger Strukturen ist harte Arbeit. Erst recht, wenn das Engagement nur von Einzelnen kommt, während der Großteil wartet, bis Sie endlich fertig sind. Jede kluge Unternehmerin, jede gute Führungskraft, jeder aufgeklärte Mitarbeiter, jeder verantwortungsbewusste Mensch weiß das.

Die Wünsche haben Propeller bekommen. Das ist mein Eindruck: Eine zunehmende Anzahl von Mitarbeitern und Führungskräften wünscht sich noch weniger Stress, noch schickere Bedingungen, noch mehr Sinn… und wenn keine Erfüllung stattfindet, reicht man nach wenigen Monaten die Kündigung ein, oder kündigt innerlich.

Was können Sie tun, um diese Spirale zu stoppen? Was können Sie tun, um Sinn zu stiften – obwohl Ihnen eine Tätigkeit nicht gefällt; obwohl Sie darin vielleicht nicht den Sinn sehen, von dem Sie glauben, dass er sie erfüllt?

Ich stelle diese Fragen häufig in meinen Trainings und Coachings. Meistens bekomme ich keine Antwort. Stattdessen erlebe ich bei erschreckend vielen Klienten wenig Klarheit und viel Frust. Frustration ist meistens nachvollziehbar, aber macht oft blind: für den Spielraum, den Sie haben.

Mehr flow gewünscht? – Erfüllen Sie Ihr Bedürfnis jetzt.

Abbildung: Vom Bedürfnis ins Handeln. Erkennen Sie Ihre Bedürfnis und erfüllen Sie es unabhängig von der Tätigkeit. Es gibt immer einen Spielraum. Sehen Sie ihn?

Menschen sind prinzipiell in der Lage, positive Zustände aktiv herzustellen, obwohl die äußeren Bedingungen ungünstig sind. Ein praktischer Weg umfasst vier Schritte und setzt an Ihren Bedürfnissen an.

  1. Informieren Sie sich über menschliche Bedürfnisse und deren Logik. Dazu habe ich einen Blog geschrieben. Eine kurzen kurzen Überblick über mein Bedürfnis-Konzept finden Sie im Glossar

  2. Erkennen Sie Ihr aktuell unerfülltes Bedürfnis. Oder formulieren Sie zumindest eine Vermutung, welches es sein könnte. Im vorigen Beitrag erfahren Sie, wie Emotionen dabei helfen. 

  3. Handeln Sie in einer Weise, die Ihr Top-Bedürfnis erfüllt. Es geht nicht nur darum, was Sie machen – sondern wie, mit wem und vor allem: wofür

Nehmen Sie jetzt eine Aufgabe, die Ihnen nicht gefällt, und spielen Sie die ersten drei Schritte durch. In den folgenden Absätzen finden Sie für jedes Bedürfnis einen Leitsatz zur Orientierung (jeweils in kursiver Schrift). Die Abbildung ist eine Zusammenfassung.

Biologische Bedürfnisse

Zu den wichtigsten Bedürfnissen Ihres Organismus zählen Wasser, Bewegung, Nahrung und Schlaf. Ein Mangel auf der biologischen Ebene kann sich negativ auf psychologische Bedürfnisse und Ihre Sinnstiftung auswirken. Ein Leitsatz lautet: Schaffen Sie die Grundlage für Ihre Aufgaben, indem Sie sich zwischendurch bewegen, regelmäßig Wasser trinken, sich natürlich und ausgewogen ernähren und nachts ausreichend schlafen – für Ihren körperlichen Ausgleich.

Sicherheit

Psychologische Sicherheit ist wichtiger, als die meisten glauben. Wenn Sie sich das eingestehen, könnte dieser Leitsatz helfen: Erledigen Sie Ihre Aufgabe rechtzeitig, nach einem bewährten Ablauf und mit verlässlichen Personen – für Ihre Existenz. Machen Sie mehr desselben. Nehmen Sie nur Aufträge an, in denen Sie Routine haben und die Sie sich wirklich zutrauen. Sollte Ihr Chef dennoch mit einer neuen Aufgabe auf Sie zukommen, sollten Sie möglichst viele Informationen dazu einholen.

Abwechslung

Machen Sie es mal anders! – Das wäre der Appell, wenn Sie Abwechslung brauchen. Abwechslung steht dem Bedürfnis nach Sicherheit gegenüber. Durchbrechen Sie die Monotonie durch kleine Veränderungen. Gehen Sie zum Beispiel in einen anderen Raum oder ins Homeoffice. Ziehen Sie sich anders an. Probieren Sie eine neue Software aus. Sprechen Sie mit unbekannten Kollegen. Erledigen Sie die Aufgabe anders und mit anderen Menschen, als Sie es normalerweise tun – für Ihre Aktivierung.

Verbindung

Abwechslung kann durch die Zusammenarbeit mit wechselnden Personen erfüllt werden. Im Unterschied dazu benötigt das Bedürfnis nach Verbindung langfristigere Beziehungen und einen tiefere Bekanntschaft. Sympathie und Gemeinsamkeit überwiegen vor Wechsel und Kompetenz. Erledigen Sie also die Aufgabe gemeinsam mit Menschen, die Sie mögen, nach geltenden Regeln und Normen – für Ihren Zusammenhalt.

Wichtigkeit

Das Bedürfnis nach Wichtigkeit steht dem Bedürfnis nach Verbindung gegenüber. Für Verbindung brauchen Sie andere Menschen auf Ihrer Ebene, mit denen Sie eine große Schnittmenge vereint. Aber das Bedürfnis nach Wichtigkeit erfüllen Sie, indem Sie auf bestimmte Weise aus dieser Menge hervorstechen. Im Job läuft das normalerweise durch die Erbringung und Darstellung von höheren Leistungen nach anerkannten und vergleichbaren Kriterien. Erledigen Sie die Aufgabe schneller und mit einem besseren Ergebnis als Ihre Kollegen – für Ihre Anerkennung.

Wachstum

Sobald persönliches Wachstum zum Top-Bedürfnis wird, geht es Ihnen um mehr als um herausragende Ergebnisse. Stattdessen sind Ihnen der Prozess und das authentische Erlebnis wichtiger als das geplante Ergebnis. Das bedeutet nicht, dass das Ergebnis keine Rolle mehr spielt! Menschen mit einem starken Bedürfnis nach Wachstum verzichten häufig auf äußere Hilfsmittel. Dieser Verzicht dient nicht nur der Schonung materieller Ressourcen, sondern der Freisetzung von inneren Potenzialen und Innovationen. Sie wollen wachsen? Dann erledigen die Aufgabe flexibler und eleganter als beim letzten Mal – für die beste Version, die Sie sein können.

Beitrag

Wer das Bedürfnis nach Beitrag erfüllen möchte, kommt um eine aufgeklärte Spiritualität nicht herum. Mit Spiritualität meine ich nicht Religion – auch wenn sich das nicht ausschließt – sondern die Verbundenheit mit etwas, das man als größer und wertvoller erachtet als das eigene Ego. Ich beziehe mich hier auf die späten Werke von Abraham Maslow sowie auf die Erkenntnisse der neueren Entwicklungspsychologie und Intelligenzforschung. Wenn Sie Ihren Beitrag zu etwas Größerem leisten wollen, sollten Sie höhere Werte leben: Immer mehr Führungskräfte entwickeln ein kluges Verständnis von Demut und Dienen, zum Beispiel im Sinne des Servant Leadership. Also: Erledigen Sie Ihre Aufgabe stimmig und koordiniert mit Ihren Kollegen und Kunden – für das Größere, was daraus für möglichst viele entsteht.

Das waren die Leitsätze zu Schritt 3. Jetzt kommt der letzte Schritt:

4. Setzen Sie sich Ihre Aufgabe selbst, indem Sie sich unabhängig von der Tätigkeit ein Bedürfnis erfüllen – und starten Sie sofort in die Erfahrung.

Wenn Sie damit keinen Sinn stiften, dürfen Sie sich gerne bei mir beschweren ;)

Simon Sirch